Klosterferien
Besinnung in der MönchskutteAbstand vom hektischen Alltag, Entschleunigung, Innehalten – ein Urlaub im „Kloster auf Zeit“ verspricht genau das und verzeichnet damit stete Besucherzuwächse.
SXC
Den Anzug mit der Mönchskutte zu tauschen, ist in
Am Strand in der Sonne zu liegen oder durch die Berge zu wandern ist für viele das Ideal eines entspannten Urlaubs. Einige Menschen ziehen dem allerdings regelmäßiges Beten, Aufstehen noch vor Sonnenaufgang und einen durchstrukturierten Tagesablauf vor. „Kloster auf Zeit“ heißt ein Urlaubskonzept, das es bereits seit mehr als 40 Jahren gibt. Seit einiger Zeit allerdings erleben die mittlerweile mehr als 300 katholischen Klöster in Deutschland, die Gästezimmer anbieten, einen regelrechten Besucheransturm.
„Offensichtlich gibt es Bedarf, Abstand zu gewinnen vom Alltag in einer Welt, die unübersichtlich geworden ist“, erklärt der Sprecher der Deutschen Ordensobernkonferenz, Arnulf Salmen. Das Angebot ist vielfältig. In kleinen Klöstern gibt es teilweise nur ein oder zwei Gästezimmer. Die Besucher sind dort sehr nah am alltäglichen Klosterleben, nehmen an allen Gebeten, den gemeinsamen Mahlzeiten und den täglichen Arbeiten teil. Größere Klöster hingegen haben bis zu 100 Gästeräume, bieten Wellness-Programme, Vorträge und sogenannte Besinnungstage an. Doch auch dort sei die Zeit bestimmt von einem geregelten Tagesablauf, viel Ruhe und Zeit für Gebete, betont Salmen.
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Im Jahr 1962 bot die benediktinische Abtei Niederaltaich nahe Regensburg zum ersten Mal das Konzept „Kloster auf Zeit“ an. Laut Klostervorsteher Prior Vinzenz Proß war dies ursprünglich ein Angebot für Politiker und andere wichtige Persönlichkeiten in der Gesellschaft gewesen, damit diese sich vor wichtigen Entscheidungen in die klösterliche Umgebung hätten zurückziehen können. Die Resonanz war bereits im ersten Jahr so groß, dass „Kloster auf Zeit“ ausgeweitet wurde und andere Klöster dem Beispiel folgten. Noch immer steige die Zahl der Erstteilnehmer von Jahr zu Jahr, und viele frühere Besucher kämen regelmäßig ins Kloster zurück, erzählt Proß.
Die Klosterurlauber seien zwischen 17 und 80 Jahre alt, die meisten kämen kurz vor wichtigen Umbrüchen im Leben, wie dem Einstieg in das Berufsleben. Auch Menschen in einer Midlife-Crisis oder Schwerkranke, die sich im Kloster auf den Tod vorbereiten, nähmen die Möglichkeit des Klosteraufenthaltes häufig wahr.
Das Kapuzinerkloster Stühlingen im Schwarzwald bietet dies seit 26 Jahren an. Besucher können eine Woche lang am Alltag des gemischten Konvents teilnehmen, wo fünf Kapuzinermönche und drei Franziskanerinnen leben. Die Gäste seien bunt gemischt, erklärt Bruder Laurentius Wenk. Frauen und Männer aller sozialen Schichten von 20 bis über 60 Jahre besuchten das Kloster. In diesem Jahr kamen bereits 366 Besucher, wobei höchstens 20 pro Woche aufgenommen werden. „Die Gäste wollen Distanz zu Arbeit, Familie oder Beziehung bekommen“, so Wenk. Dazu bräuchten sie eine echte Alternative zum gewöhnlichen Urlaub und zwar in einer Gemeinschaft mit fester Tagesstruktur und vielen Gesprächsmöglichkeiten.
Niemand soll bekehrt werden
Der Ablauf im Kloster ist fest strukturiert. Um halb sieben beginnt der Tag mit einer freiwilligen Meditation, um halb acht treffen sich alle zum Morgengebet. Vier feste Gebetszeiten gebe es täglich, erzählt Wenk. Der Vormittag ist bestimmt von der Arbeit im Kloster. Die Gäste helfen bei der Gartenarbeit, in der Küche oder der hauseigenen Schneiderei. Das Arbeiten sei zwar Pflichtprogramm, „aber es ist kein Problem, mal auszuschlafen“, betont Wenk. Nachmittags stehen Bibelgespräche und Gruppengespräche über spirituelle Themen auf dem Programm. Das Wichtigste in der Zeit im Kloster seien „Stille, Entschleunigung und die Distanz zum Alltag“, erklärt Wenk. „Ansonsten lassen wir die Leute, wie sie sind.“ Die Ordensmitglieder wollten niemanden bekehren, sondern ihren Alltag mit den Besuchern teilen.
Finanziert werde das Ganze ausschließlich mit Spenden. Wer könne, sollte aber 25 Euro Anmeldegebühr zahlen. „Bei uns gilt die franziskanische soziale Gerechtigkeit“, erklärt Wenk. „Die, die gut verdienen, geben mehr. Wer nicht zahlen kann, zahlt nichts.“
Salmen und Wenk betonen, dass „Kloster auf Zeit“ offen sei für Menschen aller Konfessionen, nicht nur für Christen. Einzige Voraussetzung sei eine gewisse Offenheit für den christlichen Glauben.
Quelle: ad/APD